Eichstätt, Marienstein (heute Fränkisches Freilandmuseum Bad Windsheim)

jaurahaus, eichstätt, MariensteinTaglöhnerhaus
Das Mariensteiner Haus war ein so genanntes „Leerhäuslein“ wie es in den Archivalien heißt, es gehörte also kein Grund dazu. Die Besitzer konnten sich kaum von der kleinen Landwirtschaft ernähren. Notgedrungen mussten sie zusätzliche Tätigkeiten ausüben, wie etwa Taglohnarbeiten bei anderen Bauern oder im Kloster Marienstein, Steinbrucharbeiten im Ort oder auch Flickschusterei.
Der eingeschossige lehmausgefachte Fachwerkbau mit zweireihigem Innengerüst und flachgeneigtem kalkplattengedecktem Dach hatte ursprünglich keinen Schlot, war also ein Rauchhaus. Vom originalen Gefüge hat sich viel erhalten. Sogar ein Teil des Lehmflechtwerks aus der Bauzeit 1367/68 konnte übernommen werden, ebenso die originalen Decken über Stube und Kammer (Estrich aus Lehm und Bohlenbelag). Nur von den einstigen hölzernen Bohlenwänden der Stube war nichts mehr vorhanden. Sie wurden schon in der Mitte des 16. Jahrhunderts durch dicke, gemauerte Wände ersetzt. Gleichzeitig war die Stube etwas nach Westen vergrößert worden.
Bei dem Gebäude aus Marienstein werden in erster Linie zwei Bauphasen gezeigt: der Neubau von 1367/68 und der Umbau der Stube von etwa 1560. Er zeigt sich uns in seiner überraschend bunten Gestaltung aus der Umbauphase des 16., Jahrhunderts. Farbige, in sich strukturierte, mit Begleitlinien abgesetzte Flächen und Streifen in Ocker und Rot gliedern die Stube waagrecht. Die Wandnischen und der Bereich des Ofens sind gesondert eingefasst. Der Eindruck zur Bauzeit muss bunt, ja fast prächtig gewesen sein, und das für so gut wie unvermögende Leute. Mit diesem einzigartigen Gebäude kann die Bau- und Wohnweise für die soziale Schicht der „kleinen Leute“ im Spätmittelalter nachvollzogen werden. Es existiert für diese Zeit kein vergleichbares Objekt mehr!

Quelle: Informationstafel im Fränkischen Freilandmuseum Bad Windsheim
Foto KS 07/2011